Jef Geys

Kempens Informatieblad

26.01.–31.03.19

Jef Geys, Kempens Informatieblad, Ausstellungsansicht, Künstlerhaus Bremen, 2019. Foto: Fred Dott

Jef Geys, Kempens Informatieblad, Ausstellungsansicht, Künstlerhaus Bremen, 2019. Foto: Fred Dott

Jef Geys, Kempens Informatieblad, Ausstellungsansicht, Künstlerhaus Bremen, 2019. Foto: Fred Dott

Jef Geys, Kempens Informatieblad, Ausstellungsansicht, Künstlerhaus Bremen, 2019. Foto: Fred Dott

Jef Geys, Kempens Informatieblad, Ausstellungsansicht, Künstlerhaus Bremen, 2019. Foto: Fred Dott

Jef Geys, Kempens Informatieblad, Ausstellungsansicht, Künstlerhaus Bremen, 2019. Foto: Fred Dott

Jef Geys, Kempens Informatieblad, Ausstellungsansicht, Künstlerhaus Bremen, 2019. Foto: Fred Dott

Die Ausstellung widmet sich dem Kempens Informatieblad, einer zwischen 1971 und 2018 vom belgischen Künstler Jef Geys herausgegebenen Zeitung, die er zur Distribution von Information sowie Dokumentation und Diskussion seiner im weitesten Sinne künstlerischen Aktivitäten nutzte. Die hier zu sehende Präsentation versammelt erstmals alle Ausgaben des Kempens Informatieblad sowie des seit 2012 parallel erscheinenden Kempens Informatieboek und stellt diese, erweitert um eine Auswahl von künstlerischen Arbeiten und Archivmaterial, zur Ansicht und Recherche offen zugänglich zur Verfügung.

Jef Geys (1934–2018) lebte in der flämischen Kleinstadt Balen in der Region Kempen, die den Ausgangs- und oftmals Bezugspunkt seines Schaffens bildete und mithin Redaktionssitz und Produktionsstätte des Kempens Informatieblad war. Von dieser peripheren Position aus entwickelte er eine künstlerische Praxis, die sich durch lokales Engagement, einen nicht selten humorvollen Konzeptualismus sowie die Hinterfragung von Konventionen und Autoritäten in und außerhalb der Kunstwelt auszeichnet. In seinem Werk, das neben der hier im Fokus stehenden publizistischen Tätigkeit Fotografie, Malerei, Skulptur, Film, Installation und experimentelle Ansätze der Pädagogik umfasst, beschäftigte er sich mit den Funktionsweisen von Kunst und ihren institutionellen Ausformungen. Durch seine Strategien der Subversion und Tarnung, die wie er sagte nur „innerhalb des Systems stattfinden können“, erschloss er – die Regeln des Spiels austestend und aufzeigend – einen eigenen ethischen und praktischen Möglichkeitsraum künstlerischen Arbeitens. Geys legte ein ständig wachsendes Archiv von Spuren seines persönlichen und professionellen Alltags an, vor dessen Hintergrund seine Arbeiten häufig konzipiert, kontinuierlich vervielfältigt und rekombiniert wurden. In seinen Werken untersuchte Geys dabei nicht nur Wert und Status von Kunst, Kunstwerk und Künstler*in, sondern thematisierte auch sozio-politische Themen wie Klassen- oder Geschlechterfragen.
Nach einem Kunststudium in Antwerpen unterrichtete Geys von 1960 bis 1989 als Lehrer für Positive Ästhetik an der Balener Gesamtschule, ein Fach das von Geys und für ihn geschaffen wurde. Als Teil des Lehrplans organisierte er in seinem laborhaften Klassenzimmer unter anderem Ausstellungen mit Werken von zeitgenössischen Künstlern wie Roy Lichtenstein oder Piero Gilardi und unternahm mit seinen Schüler*innen eine Exkursion zum Atelier von Marcel Broodthaers. Seit den frühen 1960er Jahren war Geys neben seiner ineinandergreifenden künstlerischen Arbeit und Lehre zudem in die Produktion und Distribution eines Anzeigenblatts involviert, dem Kempisch Reklaamblad. Auf dessen Seiten begann er zwischen den darin geschalteten Inseraten verschiedenes Text- und Bildmaterial zu veröffentlichen. Nachdem es eingestellt wurde, übernahm Geys das Blatt und führte es in Eigenregie als Kempens Informatieblad weiter. Die Zeitung überlagerte Künstlerisches und Alltägliches, in dem sie beides als das jeweils andere verkleidete und so einander nicht entfremdete sondern näher zusammenrücken ließ. Dabei verschränkte er mit den Jahren zunehmend regionale und internationale Öffentlichkeiten und ließ deren Aufmerksamkeitsökonomien gegeneinander laufen.
Die erste Ausgabe des Kempens Informatieblad erschien am 27. März 1971. Das Cover zeigt ein Selbstportrait des Künstlers mit seiner ikonischen Herz-Form, bürokratisch standardisiert durch die darin eingesetzten Zahlenreihen aus Personalausweis und anderen Identitätsdokumenten. Die Zeitung erschien im Zusammenhang mit einer Einzelausstellung am Koninklijk Museum voor Schone Kunsten in Antwerpen. Als dieses ihn im Jahr zuvor eingeladen hatte, antwortete Geys mit dem Vorschlag, das Museum in die Luft zu sprengen und zeigte schließlich das Konzept sowie die Dokumentation der Reaktionen darauf als Ausstellung. Parallel dazu erschien die erste Ausgabe der Zeitung, die neben Fotografien des Museums, die Geys’ Vorhaben illustrierten, ein Interview mit dem Künstler sowie ein umfangreiches Werkverzeichnis enthielt. An diese Ausgabe knüpfte Geys 1972 mit der Veröffentlichung des kreatief an, ein „‚Roman’ über Motivation und Wirklichkeit. Die Publikation enthielt ein erweitertes und vom Künstler selbst mit Kommentaren versehenes Verzeichnis seiner Arbeiten, das später immer wieder in den Kempens Informatiebladen zu finden ist.
Als Gegenentwurf zum herkömmlichen Künstlerkatalog entstanden die insgesamt über 50 Ausgaben des Kempens Informatieblad auch später meist in Verbindung mit seinen Ausstellungen. Sie wurden gratis oder für wenig Geld distribuiert, nachdem sie anfänglich noch wie die Vorgängerpublikation als huis-aan-huisblad in Balen verteilt worden waren, fanden aber auch auf andere Weisen Eingang in Werk und Ausstellungen. So wurden zum Beispiel Druckplatten gezeigt oder Wände mit den Seiten der Zeitung tapeziert. Nach einer mehrjährigen Publikationspause wurde das Kempens Informatieblad beginnend in den 1980er Jahren zu einem zentralen Bestandteil von Geys’ Arbeitsweise. Als ein vom Künstler gelenktes Informationssystem wurde es sukzessive zu einer Art Meta-Medium innerhalb seiner Praxis, durch das er dessen Repräsentation und Vermittlung – über Ausstellungszusammenhänge hinaus – selbst organisierte.

Kuratiert von Gloria Hasnay und Moritz Nebenführ in Zusammenarbeit mit Nadja Quante
Jef Geys (1934–2018) wurde in Leopoldsburg geboren und studierte an der Koninklijke Academie voor Schone Kunsten (KASK) in Antwerpen. Von 1960 bis 1989 war Geys als Lehrer für Positive Ästhetik an der staatlichen Schule in Balen tätig. Er vertrat Belgien auf der Venedig Biennale 2009 mit seinem Projekt Quadra Medicinale und nahm außerdem an der Documenta 11 (2002), den Skulptur Projekten Münster (1997) und der São Paulo Biennale (1991) teil.
Einzelausstellungen (Auswahl): NTU CCA Singapore, Singapur (2018); Yale Union, Portland (2018); S.M.A.K., Gent (2015); Cubitt Gallery, London (2013); CNEAI, Chatou (2012); M KHA, Antwerpen (2011); MoCA, Detroit (2010); Bawag Foundation, Wien (2009); Orchard, New York (2006); Van Abbemuseum, Eindhoven (2004); Kunstverein München (2001).
Gruppenausstellungen (Auswahl): The Absent Museum, Wiels, Brüssel (2017); Take Me I’m Yours, Monnaie de Paris, Paris (2016), Kunsthal Charlottenborg, Kopenhagen (2016); Archive Fever, ICP, New York (2008); Deep Comedy, Ballroom Marfa (2007); Chambres d’Amis, S.M.A.K., Gent (1986)

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