Lynda, Robert, Amy, Enzo und die Anderen
14.02.–12.04.15Mit Dokumenten von (in chronologischer Reihenfolge): Ed Ruscha, Judy Chicago, Adrian Piper, Robert Morris, Lynda Benglis, dem Editorial Board von Artforum International in 1974, damaligen Lesern von Artforum International, Ingrid Sischy, Piotr Uklanski, Danh Vo, Amy Lien, Enzo Camacho Mit einem Werk von Alejandro Cesarco
1974 löste eine Veröffentlichung von Lynda Benglis (1941 in Lake Charles, US) im Magazin Artforum International einen Skandal in der Kunstwelt aus. Mit ihrer Anzeige-Parodie ging die Künstlerin in die Geschichte ein: Eine Doppelseite in der November-Ausgabe zeigte sie nur eine Sonnenbrille tragend und einen Doppeldildo in der Hand. Ein paar Monate früher hatte sich Robert Morris (1931 in Kansas City, US) für eine ähnliche Selbstinszenierungsstrategie entschieden und trat mit nacktem Oberkörper, Metallketten und Militärhelm auf dem Plakat seiner Einzelausstellung bei den New Yorker Galerien Castelli und Sonnabend auf. Beide Künstler:innen hatten kurz davor eng zusammen gearbeitet und bereits gemeinsam mit fotografischen Selbstdarstellungen experimentiert. Morris’ Bild blieb hingegen beinahe unkommentiert.
Im Künstlerhaus Bremen werden Dokumente zu den dadurch entstandenen Reaktionen neben den Bildern selbst präsentiert und von weiteren ausgewählten Künstleranzeigen begleitet. Die Auswahl an Dokumenten beleuchtet das Zusammenspiel von Machtstrukturen, Selbstdarstellungsmöglichkeiten und der Ökonomie der Begierde – insbesondere die Strategien, die von Künstlern im Umgang mit diesem System entwickelt wurden.
Diese Mechanismen sind heute weiterhin mit der künstlerischen Produktion verknüpft, lösen dennoch neue Fragestellungen aus. Die Ausstellung Who do you love?, die 2014 bei der Berliner Galerie Mathew zu sehen war, bildet hier das zeitgenössische Pendant zu Morris’ und Benglis’ Bildern. Ursprünglich waren Enzo Camacho, Lisa Jo, Margaret Lee, Amy Lien, Carissa Rodriguez, Amy Yao und Anicka Yi eingeladen, sich an einer Gruppenausstellung zu beteiligen. Dennoch beschlossen sie, sich zurück zu ziehen und Lien (1987 in Dallas, US) und Camacho (1985 in Makati, Philippinen) mit der Umsetzung zu beauftragen. Das Endergebnis – eine Replik der Berliner Mauer mit Graffitis sentimentaler und politischer Art – verwendet ebenfalls einen parodistischen Ton. Es hinterfragt die verfügbaren Mitteln, um eine politische und kulturelle Identität in der Post-1989 Welt zum Ausdruck zu bringen. Das Künstlerhaus Bremen präsentiert eine fragmentarische Dokumentation dieser besonderen Ausstellung, die Selbstdarstellungsstrategien weiterhin reflektiert.
Den Rahmen für diese Ausstellung bildet ein Recherchestipendium in New York, worauf dieses Ensemble von willkürlich zusammengetragenen Dokumenten und Bildern basiert. Begegnungen, die in diesem Zusammenhang stattfanden, prägen ebenfalls die Inhalte. Darunter befindet sich der Künstler Alejandro Cesarco (1975 in Montevideo, Uruguay), der als einziger mit einem Kunstwerk im traditionellen Sinn an dieser Schau beteiligt ist. Sein Video, das einen Dialog zu der dünnen Grenze zwischen Persönlichem und Öffentlichem inszeniert, gilt als Prolog dieser Ausstellung.
Kuratiert von Fanny Gonella
PROGRAMM
Mittwoch, 18. Februar 2015, 19 Uhr Präsentation der kürzlich erschienen Publikation von De Appel und Open Editions Curating Research mit Lorenzo Benedetti, Direktor De Appel
Donnerstag, 26. März 2015, 19 Uhr Filmvorführung und Gespräch mit Yvonne Bialek, Kunsthistorikerin und Doktorandin am DFG-Kolleg Das fotografische Dispositiv
Sonntag, 12. April 2015, 12 Uhr Kuratorenführung durch die Ausstellung mit Fanny Gonella
ICI / French Institute Fellowship
Independent Curators International (ICI)